Zu den einzelnen aus den Kriterien des tiergartenbiologischen Ansatzes abgeleiteten Forderungen:
1. Paarweise Haltung ist für mich aus den wohl bekannten Gründen ein Muss.
Allerdings: wenn Fehler in der Vergangenheit passiert sind kann es eben auch sein, das es keinen anderen Weg mehr als die Einzelhaltung gibt oder aber das die Versuche einer Verpaarung die Möglichkeiten des Halters überschreiten. Dies muss aber im Einzelfall genau geprüft und ein Halterwechsel erwogen werden!
2. Naturbruten sollten es möglichst sein – ich würde mir nicht wieder eine Handaufzucht kaufen.
3. In der Wohnungshaltung ist eine gewisse Erziehung auch als Selbstschutz des Menschen oft unumgänglich.
Zudem können bestimmte Formen der Erziehung, des Trainings, dazu beitragen, dass ein intelligentes Tier wie ein Papagei geistig beansprucht und rege bleibt. In dieser Form trägt die Erziehung zu einer „reizvollen Umwelt“ bei. Schließlich tragen bestimmte Formen der Erziehung dazu bei, das Situationen wie medizinische Untersuchungen für den Vogel stressfreier verlaufen1Wikipedia Targettraining; Wikipedia Klickertraining; Vogelforen Clicker-Training; Ann Castro – Die Vogelschule
Dennoch sind meiner Ansicht nach die äußeren Bedingungen so zu gestalten, dass sie ihr natürliches Verhalten möglichst ausleben können und ihnen nicht bspw. antrainiert werden muss, nicht die Möbel anzunagen.
4. Ich bin schon ähnlich wie Lantermann, Luft und andere der Überzeugung , dass unter dem Gesichtspunkt der artgerechten Haltung die für die Vögel optimale Form die Haltung in einer Außenvoliere ist und in aller Regel einer Wohnungshaltung vorzuziehen ist.
Jedoch denke ich auch, dass eine optimale Wohnungshaltung besser sein kann als eine nicht optimale Außenvolierenhaltung.
Beispiel: Eine Vogelzimmerhaltung empfinde ich besser als die Haltung in einer kleinen, kaum Flugmöglichkeiten bietenden Außenvoliere, ein für die Vögel reizvoll mit Beschäftigungsmöglichkeiten ausgestattetes Vogelzimmer besser als eine Außenvoliere, in der es nur zwei Sitzstangen gibt.
Die Verwirklichung mancher Kriterien ist in der Wohnungshaltung sicherlich schwieriger als in der Haltung in Außenvolieren: Raumklima, beengte Raumverhältnisse, mangelnde Umweltreize, Kunstlicht etc. stehen ihr entgegen. Frischluft und optimales Licht sind in einer Freivoliere weniger ein Problem, in der Wohnungshaltung hingegen oft nur mit einigen technischen und finanziellen Aufwand zu gewährgeleisten. Optische und akkustische Reize für die Vögel ergeben sich in einer Außenvoliere durch die Umgebung fast von selbst, in einem Vogelzimmer dagegen muss man phantasievoll Lösungen finden.
Ich gehe davon, das jeder versucht, so gut es geht und nach seinem besten Wissen diese äußeren Rahmenbedingungen im Sinne einer artgerechten Haltung zu optimieren, seinen Tieren also möglichst viel Platz, möglichst viel Freiflug, möglichst helle und farblich ansprechend gestaltete Räume mit möglichst optimaler Temperatur und Luftfeuchtigkeit zur Verfügung zu stellen, um ihnen ein langes Leben ohne Krankheiten und Verhaltensstörungen zu ermöglichen – selbst wenn er manche Forderungen, wie sie der tiergartenbiologische Ansatz beinhaltet, vielleicht für übertrieben hält und über das notwendige Ausmaß bspw. einer Voliere unterschiedliche Ansichten vertreten werden.
Meiner Meinung nach ist die Haltung in einem separaten Vogelzimmer meist auch der Haltung in einer Zimmervoliere in einem primär von Menschen genutzten Raum (der „Wohnzimmerhaltung“) vorzuziehen. Wenn denn aber eine Zimmervoliere, so sind schon die im „Mindestanforderungsgutachten“ genannten Maße für mich maßgeblich.
Eben aus diesem Grunde hatte ich mich denn auch entschlossen, meine Papageien in der Zeit der Wohnzimmerhaltung im Dauerfreiflug zu halten: denn eine Voliere der dort verlangten Mindestgröße würde soviel an Flugraum wegnehmen, so das der Freiflug nicht mehr viel bringen würde.
Fazit: Auch wenn man die Kriterien des tiergartenbiologischen Ansatzes anwendet ist eine annähernd artgerechte Haltung prinzipiell auch in der Wohnung möglich. Der zeitliche, finanziellen und materiellen Aufwand kann aber unter Umständen größer werden als bei der Haltung in Außenvolieren.
Aber, das andere, vielleicht sogar das schwerwiegendere Problem bei der Umsetzung der tiergartenbiologischen Kriterien in der Haltung von (Groß-) Papageien in der Wohnung ist oft die Motivation für die Wohnungshaltung.
Einzelnachweise / Anmerkungen
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